Die aktuellen Premieren der Privat- und Staatstheater
Die Neuproduktionen im November:
THALIA THEATER
LEGENDE
Der russische Filmregisseur Sergey Paradjanov galt als Kino-Rebell des 20. Jahrhunderts und
wurde für seine poetisch-surrealen Werke gefeiert. Für seinen Kampf gegen Unterdrückung und Gewaltherrschaft bezahlte er jedoch mit Gefangenschaft und Berufsverbot. In Armenien wurde er geboren und dort starb er 1990. In diesem Jahr wäre er 100 Jahre alt geworden. Sein Leben
und seine Arbeit nimmt Kirill Serebrennikov, ebenfalls russischer Regisseur, als Vorlage für einen Theaterabend über Exzentrik, Schönheit und Unterdrückung. Es ist keine reine Biografie von
Paradjanov, die hier nacherzählt wird, vielmehr geht es um seine Phantasie, seine Kunst, seine Leidenschaft.
„Nach Motiven aus der Welt von Sergey Paradjanov“ nennt Serebrennikov sein Projekt, das wie in einem
Kaleidoskop zehn Geschichten, zehn Legenden, von unterschiedlichen Kulturen und der Einzigartigkeit der
Menschen aufblenden soll. Es ist die vierte Arbeit von Serebrennikov am Thalia Theater, der hier zuletzt mit
„Barocco“ ein spektakuläres Schauspiel inszenierte.
ALTONAER THEATER
HEIMATMUSEUM
Mit einer umfangreichen Veranstaltungsreihe ehrt das Altonaer Theater in diesem und im nächsten Jahr den
Schriftsteller und Dichter Siegfried Lenz. Dazu gehören auch zwei Romanadaptionen. Der autobiografisch
geprägte Roman „Heimatmuseum“, für die Bühne bearbeitet und inszeniert von Intendant Axel Schneider,
macht den Anfang. Lenz lässt darin seine alte Heimat Masuren mit ihren einzigartigen Menschen und Bräuchen
wieder aufleben. Zygmunt Rogalla ist nach dem Zweiten Weltkrieg in den Westen geflohen. In Schleswig-
Holstein hat er ein Heimatmuseum eingerichtet, wie er es einst in Masuren aufgebaut hatte. Der Neuanfang
scheint gelungen, bis ein ehemaliger Kamerad beginnt, sich für das Museum zu interessieren und es für
politische Zwecke auszunutzen. Rogalla erkennt, dass die Heimat unbeschadet nur in einer Erzählung weiter
bestehen kann. In diesen von Kriegen überschatteten Zeiten bekommen Verlust von Heimat und Neuanfang
eine ganz aktuelle Bedeutung.
HAMBURGER KAMMERSPIELE
DIE COMEDIAN HARMONISTS
Es war eines ihrer erfolgreichsten Lieder und bleibt bis heute ein Song zum Schmunzeln in unvergleichlichem
A-Cappella-Sound: „Ein kleiner grüner Kaktus“ von den Comedian Harmonists. Wie die Männergesangsgruppe
in den 1920er Jahren entstand, wie sie zu einem Publikumsliebling wurde und schließlich auseinanderging –
davon erzählen Gottfried Greiffenhagen und Franz Wittenbrink in ihrer zum Teil fiktiven Geschichte, die aber
auf dem historischen Hintergrund basiert. Per Kleinanzeige sucht der junge Berliner Harry Frommermann
gleichgesinnte Sänger, um ein eigenes Ensemble zu gründen. 70 arbeitslose Kandidaten melden sich – da-
runter auch Robert Biberti, der über eine eindrucksvolle Bass-Stimme verfügte. Schnell kommen noch vier
weitere Sänger hinzu, aber der Weg zum Ruhm ist noch weit. Endlose Proben folgen, schließlich der erste
Erfolg und ein triumphaler Auftritt in der Philharmonie. Doch 1935 bekommen drei jüdische Mitglieder des
Sextetts Berufsverbot und die Harmonists trennen sich. In den Kammerspielen frischt der musikalische Lei-
ter Jan Christof Scheibe den Weg des Sextetts mit einer Prise Boyband-Feeling von heute auf.
Tickets für COMEDIAN HARMONISTS
ERNST DEUTSCH THEATER
DER GEIZIGE
Aktienkurse gehen rauf und runter. Wo ist mein Geld überhaupt noch sicher, fragt sich so mancher Sparer.
Das war schon 1668 aktuell, als Molière seine Komödie „Der Geizige“ schrieb und damit den Typ eines reich
gewordenen Bürgers karikierte, der das Glück seiner Kinder und den letzten Rest seiner Gefühle dem schnö-
den Mammon opfert. Harpagon liebt nichts so sehr wie seine Geldkassette. Sohn und Tochter will er gegen
ihren Willen reich verheiraten, für sich selbst hat er die schöne Marianne auserwählt. Die aber liebt seinen
Sohn Cléante. Als eines Tages die Geldkassette verschwindet, ist Harpagon am Boden zerstört. „Wozu bin
ich jetzt noch auf der Welt?“ jammert er und merkt nicht, dass alles nur eine Intrige war, um ihn zur Vernunft
zu bringen. Stattdessen aber bricht der pure Wahnsinn aus und treibt Molières bittere Komik auf die Spitze. Im
Ernst Deutsch Theater inszeniert Anatol Preissler mit Boris Aljinovic in der Titelrolle, die Molière bei der Urauf-
führung selbst übernommen hatte.
DEUTSCHES SCHAUSPIELHAUS
BERNARDA ALBAS HAUS
Sittenstrenge und engstirniges Brauchtum machen den äußeren Rahmen von Federico Garcia Lorcas Tragödie
aus, die 1936 entstand. Im Inneren jedoch geht es um die Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung, um
Liebe und Verrat. Fünf Töchter leben in „Bernarda Albas Haus“. Die Familientradition schreibt vor, dass sie nach
dem Tod des Vaters acht Jahre lang zur Trauer verpflichtet sind. Bernarda setzt das mit gnadenloser Strenge um
und sperrt die jungen Frauen konsequent ein. Jeder Kontakt zur Außenwelt wird abgebrochen. Allein die Älteste,
die auch das Vermögen des Vaters erbt, darf sich mit Pepe el Romano wie geplant verloben. Der jedoch liebt nur
ihr Geld und trifft sich heimlich mit Adela, der jüngsten Tochter. Die Spannung unter den Frauen eskaliert, bis es
zur Katastrophe kommt. Die renommierte englische Schriftstellerin Alice Birch hat das Drama in die Gegenwart
transponiert und weibliche Unterdrückung, verhindertes Begehren und Generationskämpfe in den Mittelpunkt
gestellt. Die deutschsprachige Erstaufführung im Schauspielhaus inszeniert Katie Mitchell.
Tickets für BERNARDA ALBAS HAUS
KOMÖDIE WINTERHUDE
SHERLOCK HOLMES: DER FALL MORIARTY
Einst war er Freund und Mentor des berühmten Privatdetektivs Sherlock Holmes. Dann wurde er zu dessen
Erzfeind: der geniale Verbrecher Professor Moriarty. Das kennt man aus den Geschichten von Arthur Conan
Doyle. Eine neue Variante hat der amerikanische Autor Ken Ludwig, der vor allem durch seine Komödie „Otello
darf nicht platzen“ bekannt wurde, hinzugefügt: „Sherlock Holmes: Der Fall Moriarty“. Dem böhmischen König
wurden pikante Briefe gestohlen. Er beauftragt Sherlock Holmes und Dr. Watson mit der Aufklärung der Sache.
Alsbald entwickelt sich daraus ein gewaltiger Kriminalfall mit internationalem Ausmaß, in den Professor Moriarty
verwickelt ist. Auch die Schauspielerin Irene Adler ist hinter dem kriminellen Genie her, und so verbündet sich
Holmes mit ihr. Dabei entdeckt der Detektiv sogar ausnahmsweise einmal seine romantischen Gefühle.
Gemeinsam geraten sie in einen Strudel von Spionage, Erpressung und Intrigen. Drei Schauspieler und zwei
Schauspielerinnen teilen sich mehr als 40 Rollen in dem komödiantischen Krimi, der im vergangenen Jahr in
Cleveland uraufgeführt wurde und jetzt in der Komödie Winterhude seine deutsche Erstaufführung erlebt.
STAATSOPER HAMBURG
DER FREISCHÜTZ
Volksnahe Romantik und gespenstische Dramatik vereint Carl-Maria von Webers Oper „Der Freischütz“. Die
Anregung dazu fand der Komponist Anfang des 19. Jahrhunderts in einem alten Gespensterbuch. Die Angst
vor dunklen Mächten, die Sehnsucht nach Liebe und Glück, Eifersucht und Neid – solch zeitlose Emotionen
ziehen die Zuschauer damals wie heute in ihren Bann. Der junge Förster Max bekommt seine Braut Agathe
erst, wenn er sich durch einen guten Schuss qualifiziert hat. Aus Angst vor dem Versagen schließt er einen
Pakt mit dem Teufel: Die verzauberten „Freikugeln“ verfehlen nie ihr Ziel. Doch eine der Kugeln gehört dem
Teufel selbst und wird von ihm gelenkt… In der Staatsoper inszeniert der für seinen körpersprachlich ausge-
prägten Stil bekannte Regisseur Andreas Kriegenburg. Die Musikalische Leitung hat der Amerikaner Yoel
Gamzou. Adele und Max werden gesungen von Julia Kleiter und Maximilian Schmitt; als diabolischer Samiel
ist Clemens Sienknecht dabei, nicht gerade als Opernsänger, aber vom Schauspielhaus bekannt aus sa-
tirischen Shows wie „Effi Briest – allerdings mit anderem Text...“
THE ENGLISH THEATRE
JEEVES AND WOOSTER IN „PERFECT NONSENSE“
Ein exzentrischer Adeliger und sein gewiefter Kammerdiener, der ihn aus jeder katastrophalen Notlage rettet –
über die Hauptfiguren der Romane von P. G. Wodehouse lachte schon halb England Ende der 1930er Jahre.
2013 erinnerten sich die Brüder David und Robert Goodale an den Erfolg von damals und ließen das komische
Paar wieder aufleben: „Jeeves and Wooster in ‚Perfect Nonsense‘“. Perfekter Unsinn kommt dabei heraus, wenn
der verpeilte Wooster ein Stück über die Ereignisse in seinem Landhaus herausbringen möchte. Sein Diener
Jeeves jedoch weiß Rat: Gemeinsam mit dem Butler Sippings übernimmt er alle Rollen und manövriert die
Handlung durch sämtliche Missgeschicke. Da geht’s um einen Möchtegern-Diktator und um eine geplatzte
Verlobung, um den Diebstahl eines silbernen Kuhfladens und um familiäre Verwicklungen.
Der Comedy-Spaß, ein bisschen im Stil von Monty Python, wird im English Theatre inszeniert von Paul Glaser,
dem künstlerischen Leiter des Theaters.